Das Lymphsystem
Funktion und Anordnung (Anatomie) des Lymphsystems
Die Schlagadern (Arterien) führen auf dem Blutweg Sauerstoff und Nährstoffe zu den Zellen. Die Abfallstoffe (Stoffwechselprodukte) wie das Kohlendioxyd werden von den Venen entsorgt. Nicht alle Flüssigkeit und nicht alle Stoffwechselprodukte werden aber über das Venensystem abtransportiert: 2-4 Liter/ Wasser am Tag, Eiweiß, Reste abgestorbener Zellen, Fremdkörper (Staub,…), Bakterien, Viren, Fettsäuren (aus dem Darm) werden über die Lymphgefäße abtransportiert und zusammen als Lymphe, eine durchsichtige gelbliche Flüssigkeit, bezeichnet.
Zwischen den Zellen bestehen feine Sparten, die in feine Gefäße einmünden, die Lymphkapillaren , mikroskopisch kleine Auffanggefäße, deren Größe sich nach der jeweils anfallenden Flüssigkeitslast richtet.
Die Lymphkapillaren werden in kleine Lymphbahnen gebündelt. Diese Präkollektoren sind bereits richtige Gefäße, die in ihrer Wand Muskeln beinhalten, die durch Anspannung die Lymphe aktiv weiter befördern.
Diese wieder sammeln sich in noch größeren Lymphgefäßen, den Kollektoren , die Taschenklappen (die wie Ventile funktionieren) besitzen und so einen Rückstrom der Lymphe verhindern.
Die Lymphknoten
Auf dem Weg von den Zellen bis zum Herzen sind im Verlauf der Lymphgefäße Filterstationen: die Lymphknoten zwischengeschaltet. Es sind stecknadelkopf- bis bohnengroße kleine Organe, die den Inhalt der Lymphe auf körperschädigende Bestandteile überprüfen. In den Lymphknoten befinden sich weiße Blutkörperchen, die körperfremde und körperschädigende Substanzen erkennen können und im Rahmen einer sich dann bildenden Entzündung unschädlich machen. Bei einer solchen Entzündung kommt es zu einer schmerzhaften Anschwellung und Rötung der Lymphknoten. In diesen Lymphknoten wird der Lymphe gleichzeitig Wasser entzogen und ihre Menge auf die Hälfte erniedrigt. Wichtige Lymphknotenstationen befinden sich in der Leiste und in der Achselhöhle, sowie im Bauchraum und in der Brust. Die Lymphe gelangt letztlich oberhalb des rechten Schlüsselbeines in die obere Hohlvene und so zum Herzen.
Wie entsteht ein Lymphstau?
Der Abfluss der Lymphe durch die Lymphgefäße kann mehr oder weniger vermindert sein: es kommt zu einem Rückstau der Lymphe in Arm, Bein oder auch Körperstamm.
Andererseits kann der Zustrom an Lymphflüssigkeit die Transportkapazität der Lymphgefäße übersteigen. Die Schwellung, die durch eine Verminderung des Lymphabflusses bedingt ist, bezeichnen wir als Lymphödem.
Die Bestandteile der Lymphe:
Wasser (2-4 Liter/Tag), Eiweiß, Reste abgestorbener Zellen, Fremdkörper (Staub,…), Bakterien, Viren, Fettsäuren (aus dem Darm).
Die Stadien des Lymphödems
Das Latenzstadium
Anfänglich kann ein Lymphödem kaum bemerkbar sein. Es kommt zu einer sehr geringen, unmerklich fortschreitenden Schwellung , an die sich die Patienten unter Umständen gewöhnen und sie so nicht bemerken. Schmerzen bestehen keine.
Stadium I
Erst im weiteren Verlauf wird die Schwellung deutlich bemerkbar, sie ist weich und mit dem Daumen eindrückbar., Den Patienten fällt eine Zunahme der Hautdicke und des Volumens , die den betroffenen Körperteil auftreibt, auf.
Stadium II
Später tritt eine Verhärtung der Haut durch bindegewebige Durchwachsung. Die Haut ist nicht mehr weich eindrückbar. Die prall gespannte Haut wird oft als taub empfunden, eine stärkere Spannung kann zu Schmerzen führen.
Stadium III
Zuletzt kann die betroffene Gliedmaße unförmig verunstaltet werden, wobei es zu zusätzlicher Fettgewebswucherung kommt: die Elephantiasis.
Eine Bewegungseinschränkung kann durch die zunehmende Schwere des betroffenen Armes oder Beines bzw. des gesamten Körpers, aber auch durch eine verminderte Abbiegbarkeit der Gelenke eintreten.
Komplikationen des Lymphödems
Der Rotlauf = Erysipel
Eine wichtige Komplikation, die zu einer neuerlichen Zerstörung von Lymphgefäßen und Lymphknoten führt und so das Lymphödem verstärkt, ist der Rotlauf (das Erysipel) .
Das Lymphangiosarkom
Nach vielen Jahren kann es im Bereich eines Lymphödems zu einer Krebserkrankung, Lymphangiosarkom, kommen.
Das Fortschreiten des Lymphödems und die Komplikationen gilt es zu verhindern oder möglichst gering zu halten, durch eine individuell
angepasste fachgerechte Behandlung!
Die Behandlung des Lymphödems
ist umso weniger aufwendig, je früher sie einsetzt und je exakter sie an die individuellen Bedürfnisse der Patienten angepasst wird. Für die Güte der Behandlung ist die Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Therapeuten und Patienten maßgeblich. Eine wichtige Rolle spielt letztlich die Mitwirkung der Krankenkassen bei der Bezahlung der Behandlungen. Oft ist anfänglich eine stationäre Behandlung über mehrere Wochen zweckmäßig und erforderlich. Die langfristige Behandlung erfolgt ambulant, unter Umständen durch neuerliche stationäre Behandlungen intensiviert.
Die „Komplexe Physikalische Entstauungstherapie“ = KPE
besteht in der Kombination von
Manueller Lymphdrainage
Kompression durch Bandagen und Gummikompressionsstrümpfensowie
Bewegungstherapie mit abschwellenden Übungen, Physiotherapie zur Verbesserung der Beweglichkeit
Hautpflege
medikamentöse Behandlung.
Die häufigste Ursache für Misserfolge bei der Behandlung des Lymphödems ist die Beschränkung auf einen der oben erwähnten Teilaspekte der Behandlung: sei es eine ausschließliche Lymphdrainage ohne Kompressionstherapie, sei es eine ausschließliche Kompressionstherapie ohne Lymphdrainage! Die Bewegungstherapie und die Hautpflege unterstützen die oben erwähnten Hauptpfeiler der Behandlung bzw. verhindern Verschlechterungen.
Die Manuelle Lymphdrainage
kann durch fast drucklose streichende leichte Handbewegungen die gestaute Flüssigkeit und abgelagerten Gewebsschlacken zum Strömen bringen und eine gesteigerte Abflussleistung der vorhandener Lymphgefäße sowie die Bildung neuer Lymphgefäße anregen.
Nur in zweiter Linie wird eine Lockerung des verhärteten Gewebes durch festere Griffe erzielt bzw. eine Verschiebung der Lymphflüssigkeit aus krankhaften in gesunde Körpergegenden, aus denen die Lymphflüssigkeit bei erhaltenen gesunden Lymphgefäßen geleitet werden kann, angestrebt.
Die Wirkung der ML ist nicht in erster Linie mechanisch zu verstehen. Über das vegetative Nervensystem führt sie zu einer Umstimmung des Organismus hin zu Ermüdung, Entspannung und Regeneration. Über eine Hemmung der Schmerzrezeptoren wirkt sie schmerzlindernd. Die ML nach Vodder wird mit wechselndem Druck durch ein Verziehen der Haut durchgeführt. Die Ödembehandlung dauert pro Bein mindestens eine halbe Stunde, die anschließende Bandagierung ist für anhaltende Erfolge als Ergänzung der ML erforderlich.
Eine erfolgreiche Manuelle Lymphdrainage
bewirkt einen Harndrang noch während der Behandlung oder unmittelbar anschließend. Zudem führt sie zu einem intensiven Entspannungs- und Müdigkeitsgefühl!
Ein qualifizierter Lymphtherapeut wird Sie zum Bandagieren anhalten!
Die Kompressionsbehandlung des Lymphödems
Solange eine Verbesserung des bestehenden Lymphödems angestrebt werden muss, sind Bandagen erforderlich. Erst nach Erreichen eines zufriedenstellenden Ergebnisses, ist – im Sinne einer Erhaltungsbehandlung – der Gummikompressionsstrumpf eine ausreichende Therapie.
Zu Beginn der Behandlung sollten die Bandagen möglichst tagsüber und ( mit etwas leichterem Anlagedruck) auch nachts getragen werden. So wird am ehesten ein schneller, auch für die weitere Behandlung motivierender Erfolg erreicht.
Am besten wirken die Bandagen, wenn der Patient mit den Bandagen geht: die Muskeln pressen die Haut gegen die festsitzenden Bandagen aus. Dies ist besonders bei den sogenannten Kurzzugbinden gewährleistet, die einen hohen Arbeitsdruck haben und bei geringer Elastizität in Ruhe und geringem Ruhedruck gut vertragen werden.
Bei der Verordnung von Gummikompressionsstrümpfen wird bei hochgradigen Lymphödemen eine Maßanfertigung erforderlich sein. Auf jeden Fall ist ein exakter Sitz des Gummistrumpfes bzw. der Gummikompressionsstrumpfhose Voraussetzung für einerseits einen guten Behandlungserfolg, andererseits für einen ausreichenden Komfort, der bei dieser langfristigen Behandlung gewährleistet sein muss.
Bei hochgradigem Lymphödem wird eine Kompressionsklasse III erforderlich sein, die man auch durch das Übereinandertragen eines Strumpfes der Kompressionsklasse II und eines zusätzlichen Kompressionsstrumpfes der Klasse I erreichen kann. Die Kunst der Behandlung liegt in einem maximalen Therapieeffekt bei geringer Einschränkung der Lebensqualität der Patientin durch die Behandlung.
Die Apparative Intermittierende Kompression
ist in Ergänzung zur Manuellen Lymphdrainage und zur Kompression mt Gummistrümpfen bzw. Bandagen im Einzelfall bei schwerwiegenden Lymphödemen durchwegs sinnvoll.
TIPPS
Abschwellende gymnastische Übungen
bei hochgelagerten Beinen fördern den Lymphabfluss. Andererseits sollten Bewegungseinschränkungen, die vor dem Lymphödem bestanden haben oder durch das Lymphödem eingetreten sind, durch Physiotherapie beseitigt werden, da eine verringerte Beweglichkeit die Schwellneigung fördert.
Merksatz:
Bandagieren + Marschieren = Massieren (der Ödemflüssigkeit aus dem betroffenen Bein)
Hautpflege
Nutzen Sie zur Reinigung des geschwollenen Körperteils ph-neutrale Seifen, vermeiden Sie parfümierte Seifen, Pflegesalben, Cremes und Lotionen.
Eine tägliche Hautpflege mit ph-neutralen Salben/Cremes/Lotionen ist empfehlenswert, insbesondere bei Tragen von Bandagen bzw. Gummikompressionsstrümpfen, die das natürliche Fett aus der Haut aufsaugen und somit zu einer Austrocknung der Haut führen.
Bei einem Lymphödem der Füße sollte auf geeignetes Schuhwerk geachtet werden, Druckstellen und Blasen (Infektionsquellen) sind zu vermeiden – gegebenenfalls Beratung durch den Bandagisten bzw. orthopädischen Schuhmacher.
Bei der Nagelpflege sind Verletzungen zu meiden.
Die Kleidung (insbesondere Unterwäsche) sollte speziell am Rumpfansatz nicht einschnüren, dies ist auch bei BH`s zu beachten.
Hitze und Wärme führen zu einer Mehrdurchblutung und fördern somit die Schwellneigung (ausgedehnte Sonnenbäder oder Solarium, heiße Bäder und Sauna meiden).
In Bezug auf sportliche Bewegung ist Gehen mit gleichzeitiger Kompression am Bein, Schwimmen, „Aqua- Jogging „, „Laufen“ im Wasser günstig.
Lassen Sie keine Blutentnahmen, Infusionen, Blutdruckmessungen am betroffenen Arm durchführen.
Eine abschwellende Diät gibt es nicht, allerdings ist auf eine eingeschränkte Salzzufuhr (führt zu Schwellneigung) zu achten, sowie Übergewicht zu verhindern bzw. zu mindern.
Informieren sie umgehend ihren Arzt bei:
Schmerzen
einer Entzündung (schmerzhafte Rötung, eventuell mit zusätzlicher Schwellung), Fieber
Zunahme der Schwellung, neuauftretenden Schwellungen
jeglichen Hautveränderungen
Was ist ein Lipödem?
Viele Frauen leiden an dicken Beinen vom „Reithosentyp“: der Oberkörper ist bis zur Taille schlank, die Oberschenkel sind fest, die Unterschenkel etwas weniger, die Fesseln wieder schmal. Diese Umverteilung des Fettgewebes in die Beine betrifft nur Frauen, ist immer beidseitig angelegt; wir nennen sie „Lipödem“. Die Anlage ist angeboren, meist von den Eltern her bekannt, öfter in der Kindheit manifest, im Erwachsenenalter zunehmend.
Ursachen des Lipödems …
sind eine Bindegewebsschwäche sowie große Fettläppchen, die die Lymphgefäße verdrängen. Es kommt zu einer korkenzieherartigen Schlängelung der ansonsten geraden Lymphgefäße mit verlangsamtem Lymphabfluss. Dadurch entwickeln Lipödem-Patientinnen regelmäßig zusätzlich ein Lymphödem. Wir sprechen vom Lipolymphödem mit zusätzlicher Schwellung des Vorfußes. Durch Einlagerung von Gewebswasser und später auch Eiweißen, die ihrerseits wieder wie ein Schwamm weiteres Wasser anziehen, entsteht ein Gefühl schwerer träger Beine, so dass Bewegung zur quälenden Mühsal wird. Gewichtszunahme ist die Folge und die Frauen kommen in einen Teufelskreis von Gewichtszunahme, Bewegungs- und Lebensunlust sowie weiterer Gewichtszunahme.
Sie können ihre Beine und sich selber immer weniger lieben, verstecken sich. Ein depressiver Rückzug ist die Folge. Wir sprechen nicht über eine Befindlichkeitsstörung, die sich einer Mode entzieht, sondern über ein physisch-psychisches Leiden.
Bei der Behandlung des Lipödems
ist ein schnelles Erfolgserlebnis wichtig, damit die Patientinnen schnell aus der fatalistischen Hoffnungslosigkeit herauskommen. Aus diesem Grund hat sich zur Einleitung die stationäre Therapie über ein bis drei Wochen bewährt. Mit abschwellenden Infusionen, zweimal täglicher Lymphdrainage, intensivem Bandagieren tagsüber (bei gleichzeitigem intensivem Gehen) und nachts bis an die Grenze des individuell leicht Möglichen gelingt es, das Eiweiß aus dem Bein zu pressen. Auf diese Weise kann ein Langzeiteffekt erreicht werden!
Die weitere ambulante Behandlung erfordert in unterschiedlichem Maß das Tragen von Gummikompressionsstrümpfen, eventuell ergänzt durch Bandagen neben ein bis zweimal wöchentlicher Lymphdrainage. Nachdem ein zufriedenstellender Zustand erreicht worden ist, sind nur noch Gummistrümpfe erforderlich (oft nur zeitweilig!!), die Lymphdrainage kann reduziert oder ausgesetzt werden (Erhaltungsphase der Behandlung).
Erstaunlicherweise werden Gummistrümpfe und Bandagen auch über Nacht von nicht wenigen Patientinnen gut vertragen. So kann die Behandlung in den Schlaf verlegt werden. Tagsüber (besonders im Sommer!) bleiben die Beine frei.
Der Gummikompressionsstrumpf dient der Erhaltung des Erreichten. Seine Qualität ist in den letzten Jahren erfreulich verbessert worden in Aussehen (modische Farben, Textur einer blickdichten Strumpfhose) und Tragekomfort (er drückt weniger und schnürt weniger ein, Silikonbänder geben guten Halt ohne Klebstoff).
Die manuelle Lymphdrainage kann durch fast drucklose streichende leichte Handbewe-gungen die gestaute Flüssigkeit und abgelagerten Gewebsschlacken zum Strömen bringen über eine gesteigerte Abflussleistung der vorhandenen Lymphgefäße sowie die Bildung neuer Lymphgefäße anregen. Die Wirkung der ML ist nicht rein mechanisch zu verstehen. Über das vegetative Nervensystem führt sie zu einer Umstimmung des Organismus hin zu Ermüdung, Entspannung und Regeneration. Über eine Hemmung der Schmerzrezeptoren wirkt sie schmerzlindernd. Die ML nach Vodder wird mit wechselndem Druck durch ein Verziehen der Haut durchgeführt. Die Ödembehandlung dauert pro Bein mindestens eine halbe Stunde, die anschließende Bandagierung ist für anhaltende Erfolge als Ergänzung der ML erforderlich.
Die Apparative Intermittierende Kompression
ist beim Lipödem in Ergänzung zur Manuellen Lymphdrainage und zur Kompression mit Gummistrümpfen bzw. Bandagen sinnvoll.
Ziel ist, dass die Patientin ihre Beine wieder lieben lernt. Der Arzt berät, schreibt aber nicht vor. Die Patientin soll selber fühlen, welche Therapiemodalitäten ihr den höchsten Gewinn bei wenig Aufwand bringt. Sie soll langfristig selber frei entscheiden , welche Behandlung sie jeweils gerade braucht.
Kompressionsbehandlung
Jede Behandlung des Lymphödems und des Lipödems gründet auf der richtigen Kompression
Je nachdem ob Sie nur an einem Anfangsstadium leiden, vielleicht geringe Beschwerden haben oder ein fortgeschrittenes Leiden Sie plagt, sollte die Kompression einen bestimmten Druck auf das Bein ausüben. Je größer das Leiden, umso größer sollte der Druck sein: vom medizinischen Gummikompressionsstrumpf bis zur Bandage.
Wie wirkt die Kompression?
Die Kompression durch Bandagen drückt das überschüssige Eiweiß und Gewebswasser, das sich beim Lymphödem und Lipoedem im Gewebe ablagert, bei gleichzeitiger Bewegung wie eine Pumpe wieder in die Lymph-und Blutgefäße hinein.
Die Apparative Intermittierende Kompression (AIK) kann vom erfahrenen Arzt ergänzend eingesetzt werden. >>>
Gummistrümpfe
verhindern den neuerlichen Austritt von Eiweiß und Flüssigkeit ins Gewebe. Die Haut wird zusätzlich vor der verstärkten Dehnung und Anspannung geschützt.
Die Kompressionsphasen
In der Kompressionsbehandlung von Lymphoedemen und Lipoedemen unterscheiden wir grundsätzlich
jene Phase in der wir einen nicht zufriedenstellenden Zustand verbessern wollen: die Therapie- oder Behandlungsphase von der
Erhaltungsphase, in der wir den zufriedenstellenden Zustand langfristig erhalten wollen.
Merke
Grundlegend sind Bandagen das Instrument der Behandlungsphase und die Gummikompressionsstrümpfe das Instrument der Erhaltungsphase.
Die medizinischen Kompressionsstrümpfe
Kompressionsstrümpfe haben in der Behandlung des Lymphoedems und des Lipoedems ihren Stellenwert in der Erhaltung des durch Bandagen erreichten Erfolges. Sie ersetzen diese nicht! U.U. können sie aber als Stütze für die Bandagen dienen (s.unter Bandagen).
Genauso wie die Stützstrümpfe sind auch die medizinischen Kompressionsstrümpfe heutzutage keine hässlichen klobigen Ummantelungen der Beine mehr. Durch die Einführung der Mikrofasern haben sie die Optik von blickdichten normalen Strumpfhosen, sind luftdurchlässig, schmiegen sich dem Bein fein an und sind komfortabel zu tragen. Die Belastung durch die Strümpfe beschränkt sich weitgehend auf das morgendliche Anziehen, das bei einiger Übung aber auch kein Problem darstellt. Zudem bietet die Industrie verschiedenen Anziehhilfen (s. u.) , die die Prozedur ganz wesentlich vereinfachen.
Welche Aufgaben kann der Kompressionstrumpf erfüllen?
Am frühen morgen vor dem Aufstehen oder nach der Hygiene angezogen kann der Strumpf eine stärkere Schwellneigung über einen Teil des Tages oder über den ganzen Tag verhindern. Rückbilden kann der Strumpf Schwellungen nicht wesentlich beim Lymphoedem und Lipoedem. Hierzu ist die Bandagierung, eventuell ergänzt durch Manuelle Lymphdrainage erforderlich.
4 Kompressionsklassen
mit verschiedenen Anlagedrucken gewährleisten eine differenzierte Versorgung bei leichten bis stärksten Beschwerden
Die Kompressionsklasse I
bietet eine Anlagedruck von 18 bis 21 mm Hg oberhalb der Knöchel. Sie ist beim Lymphoedem und beim Lipoedem kaum angebracht
Die Kompressionsklasse II
gewährleistet einen Druck von 25 bis 35 mm Hg oberhalb des Knöchelbereichs. Diese Strümpfe werden verordnet nach der Behandlungsphase zur erhaltung des erreichten Ergebnisses, wenn die Schwellneigung nicht sehr stark ist.
Die Kompressionsklasse III
hat einen Anlagedruck von 36 bis 46 mm Hg im Bereich der Fessel. Diese Strümpfe werden verordnet, wenn die Kompressionsklasse II nicht ausreicht für Beschwerdefreiheit, besonders bei langjährigen hochgradigen Leiden.
Die Kompressionsklasse IV
übt einen Duck von 59 mm Hg oberhalb der Knöchel aus. Sie ist allerdings so fest, dass die Strümpfe nur sehr schwer anzuziehen sind.
Praktischer Hinweis:
Gummistrümpfe der Klassen III und iV sind sehr schwer anzuziehen. Den Kompressionsdruck der Klasse III erreichen wir durch das Übereinanderziehen von 2 Strümpfen je der Klasse I und der Klasse II. Die Klasse IV erreichen wir durch 2 Strümpfe der Klasse II. Dies hat nicht nur den Vorteil, dass die Strümpfe wesentlich leichter angezogen werden können, sondern auch einer größeren Flexibilität im Verlauf des Tages. So kann der Patient morgens beide Strümpfe anziehen. Wenn das Bein am Nachmittag unter den Strümpfen zu spannen beginnt, kann der 2. Strumpf ausgezogen werden und es bleibt immer noch der Druck eines Strumpfes erhalten.
Wie erhalte ich meine Kompressionsstrümpfe?
Da Kompressionsstrümpfe Teil eines ärztlichen Behandlungsplanes sind, sollten sie nach Untersuchung vom Arzt verordnet werden. Kompressionsstrümpfe sollten am entstauten Bein angemessen werden. Das bedeutet, dass oft vorher eine Bandagierung, eventuell unterstützt durch abschwellende Medikamente, notwendig sein kann. Um den gewünschten Anlagedruck am Bein zu erreichen, muss der Apotheker oder Bandagist die Beinumfänge messen.
Dann kann entweder ein Konfektionsstrumpf mit den richtigen Beinmaßen aus der Palette der verschiedenen Hersteller gewählt werden oder gelegentlich ist ein Maßstrumpf erforderlich, der bestellt und individuell hergestellt wird.
Die Anziehtechnik
Zu den Aufgaben des Verkäufers gehört es, den Kunden in der optimalen Anziehtechnik einzuschulen. Die verschiedenen Hersteller bieten zusätzlich diverse technische Anziehhilfen. Erkundigen Sie sich diesbezüglich, besonders wenn ein orthopädisches Leiden an Armen, Wirbelsäule, Hüften oder Knie Ihnen das Anziehen des Strumpfes weiter erschwert. Gummihaushaltshandschuhe erleichtern das Anziehen der Strümpfe ganz wesentlich, weil sie einen optimalen Griff gewährleisten, Weiters verhindern sie, dass die Srümpfe duch die Fingernägel beschädigt werden.
Gummikompressionsstrümpfe verlieren im Verlauf von Monaten einen Teil Ihrer Elastizität und müssen rechtzeitig ausgetauscht werden. Die österreichischen Krankenkassen ermöglichen alle 6 Monate eine Kassenverordnung.
Bandagen sind in der Behandlungsphase nicht zu ersetzen.
Bei gleichzeitiger Bewegung bieten die nicht wesentlich elastischen Bandagen die Möglichkeit, durch den Druck der sich bewegenden Muskeln eine Art aktive Pumpwirkung auf die Haut auszuüben: die Muskeln pressen die Haut gegen die starren Bandagen im Rhythmus der Bewegung aus! Diese Wirkung haben die elastischen Kompressionsstrümpfe nicht!
Oft erleben Patienten Enttäuschungen, wenn sie statt der Bandagen Gummistrümpfe in der Behandlungsphase tragen.
Praktischer Hinweis:
Eine wesentliche Erleichterung der Behandlungsphase kann erreicht werden durch die Kombination von Gummistrümpfen und Bandagen. Bandagiert man über einem Gummikompressionsstrumpf, ist es (außer beim Lymphödem, bei dem der Fuß auf jeden Fall mit bandagiert werden muss ) oft ausreichend, ab der Fessel nach oben zu bandagieren. Meistens reicht der Gummistrumpf der Klasse II, um den Fuß unter der Bandage nicht anschwellen zu lassen. Die Vorteile sind vielfältig:
Das Sprunggelenk bleibt von Bandagen frei und ist besser beweglich.
Der Fuß bleibt frei und passt in die gewohnten Schuhe, ohne diese zu dehnen.
Der Gummistrumpf gibt den Bandagen besseren Halt, diese rutschen weniger.
Die Bandagen verstärken den konstanten Anlagedruck des Gummistrumpfes: es kommt (zusammen mit dem besseren Halt) weniger zu kontraproduktiven Einschnürungen.
Während der Gummistrumpf einen fixen Anlagedruck hat, lässt sich der Druck der Bandagen jeweils modifizieren.
Durch die Kombination kann man über den Tag variieren: z.B. Vormittags Bandagen über Gummistrumpf, am Nachmittag, sollte das Bein unter der Kompression zu spannen beginnen, Entfernen der Bandagen, aber belassen des Gummistrumpfes, abends vielleicht wieder verstärkte Kompression mit Bandagen
Apparative Intermittierende Kompression
Neben Bandagen, Kompressionsstrümpfen und Manueller Lymphdrainage gehören Geräte zur apparativen intermittierenden Kompression zum anerkannten Standard der ärztlich indizierten Therapien bei venösen und lymphatischen Erkrankungen.
Sie haben einen eigenen Stellenwert in einem Gesamttherapiekonzept, das der Arzt jeweils individuell für jede PatientIn erstellt. Häufig sind sie eine wichtige und unerlässliche Ergänzung von Bandagen, Gummikompressionsstrümpfen und Manueller Lymphdrainage.
Wichtig ist die Apparative Intermittierende Kompression bei schwer behandelbaren Fällen in Ergänzung zu Bandagen und Manueller Lymphdrainage.
Weiterhin sollten diese Geräte bedacht werden wenn Bandagierung und Lymphdrainage nicht möglich sind, sei es weil die Patientin die Bandagen nicht anlegen kann oder keine Manuelle Lymphdrainge in guter Qualität verfügbar ist.
Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie
geben die Indikationen und Kontraindikationen für den Einsatz und die Hilfsmittel-Verordnung der Geräte zur AIK an:
Indikationen
Primäre Lymphödeme zusätzlich zur KPE
Sekundäre Lymphödeme ohne proximale Sperre zusätzlich zur KPE
Lipödeme
Posttraumatische Ödeme
Venöse Ödeme
Ulcus cruris venosum
Thromboseprophylaxe
Stauungszustände infolge Immobilisation (arthrogenes Stauungssyndrom, Paresen und Teilparesen)
Periphere arterielle Verschlußkrankheit (unter strenger Kontrolle)
Absolute Kontraindikationen:
frischer Myokardinfarkt
dekompensierte Herzinsuffizienz
Lungenödem
kardial und renal bedingte Ödeme
Thrombophlebitis, Thrombose oder Thromboseverdacht
Erysipel
malignes Lymphödem
Unterschenkeltrauma
Relative Kontraindikationen:
Tumoren im proximalen Abflußbereich
Schmerzen während der AIK
Verschiedene Gerätetypen
Einkammersysteme
üben den gleichen Druck auf das gesamte Bein (oder den gesamten Arm aus. Eine Bewegung der Flüssigkeit von unten herzwärts findet nicht statt. Diese Geräte sind eher abzulehnen, weil sie kaum nützen und schädlich sein können.
Mehrkammersysteme
= 3 bis 6 Kammernenthalten mehrere Kammern, die sich nacheinander von unten nach oben hin aufblasen. Sie sind bei eher unkomplizierten Venenproblemen einsetzbar, weniger bei schwierigen Venenpoblemen, nicht bei Lymphödemen.
Vielkammersysteme = ab 12 Kammern
sind bei schwierigen langanhaltenden Venenproblemen und besonders bei Lymphödemen oder Lipödemen erforderlich. Sie schieben die Lymphflüssgkeit gezielt und am schonendsten von unten nach oben. Sie ahmen die Manuelle Lymphdrainge am ehesten nach.
Die richtige Manschette!
muss dem Bein- oder Armumfang angepasst sein.
muss ausreichend lang sein
bei Lymphödemen, die das ganze Bein betreffen, und Lipödemen (die bis oberhalb des Beckenkamms reichen) sollte der Beckenbereich in optimaler Weise eingeschlossen werden können, da ansonsten ein Stau unterhalb der Leiste unvermeidbar ist. Ein Zurückströmen der Lymphflüssigkeit ist sonst vorprogrammiert! Hier ist eine einteilige Hosenmanschette, die den Leistenbereich übergangslos erfasst, von Vorteil.